Motorrad-Trialsport
von Axel Köster · 22. Januar 2017
- Trial-Motorräder
- Kleine Motorrad-Trial Regelkunde
- Motorrad-Trial Fahrtechnik Videos: Bewegungsablauf Studien in Zeitlupe
Trial-Motorräder
Von anderen Motorrädern unterscheiden sich Trial-Motorräder u.a. neben dem niedrigen Gewicht und der kurzen Übersetzung ganz erheblich durch den fehlenden Sitz. Motorrad-Trial wird mit sehr niedrigem Reifendruck im Stehen gefahren, je nach Gewicht des Fahrers im Durchschnitt vorne 0,4 und hinten 0,3 bar (bei einem 10-jährigen Kind mit 40 kg z.B. 0,1 bar weniger, bei einem Erwachsenen mit 100 kg hingegen 0,1 bar mehr). Die Bereifung der Räder (vorne 80/100 R 21, hinten 120/100 R 18) ermöglicht durch den niedrigen Luftdruck und dem speziellen Stollenprofil eine außerordentlich hohe Haftung auch bei widrigen Bedingungen (Nässe, Schlamm). Anfänger sind oft verblüfft wo die Maschine überall noch Halt hat, wo man zu Fuß schon längst keine Chance mehr hat und nur noch wegrutscht. Durch den niedrigen Reifendruck und das spezielle Stollenprofil sind Trial-Motorräder besonders umweltfreundlich: die Belastung des Bodens ist deutlich geringer als mit einem normalen Wanderschuh, deshalb hinterlassen Trial-Fahrer üblicherweise auch keine Spuren in der Natur.Trial-Motorräder gibt es in unterschiedlichen Größen (Kinder / Jugendliche / Erwachsene) und verschiedenen Motorisierungen. Übliche Hubraumklassen sind 50, 80 und 125 cm³ (Kinder und Jugendliche) und 250 bis 300 cm³. Der Tank ist bestimmungsgemäß recht klein und fasst üblicherweise unter 3 (2-Takt) bzw. 2 Liter (4-Takt). Das kommt der Handlichkeit zugute und reicht in der Regel für mindestens eine Runde bei Wettbewerben bzw. (je nach Fahrweise) für ein paar Stunden „normales“ Sektions-Training (mit Pausen). Beim Trial-Wandern muss man demzufolge entsprechend vorsorgen und Kraftstoff im Rucksack mitführen um die Reichweite zu erhöhen.
4-Takter
Nicht nur durch den erfolgreichsten Trial-Piloten aller Zeiten Toni Bou (28-facher Weltmeister, 14*Outdoor, 14*Indoor, Stand 2020) ist der berühmteste Vertreter dieser Gattung die Montesa Cota 4RT. In Einklang mit strengen Emissions-Vorschriften setzt diese Maschine seit vielen Jahren Maßstäbe in Punkto Zuverlässigkeit und Fertigungsqualität. Die wesentlichen Vorteile von 4-Taktern gegenüber 2-Taktern sind weniger Gestank (kein Benzin/Öl-Gemisch), die Motorbremse bergab beim Trialwandern und überall Verfügbarkeit von Kraftstoff. Nachteile sind das höhere Gewicht und die niedrigere Leistung bei gleichem Hubraum.
2-Takter
Die wesentlichen Vorteile von 2-Taktern gegenüber 4-Taktern sind das niedrigere Gewicht (einfachere Motor-Technik) und mehr Leistung bei gleichem Hubraum. Nachteile sind der Gestank (Benzin/Öl-Gemisch), der Vergaser (Choke, Düsen-Einstellung, außer bei Einspritzern) und die fehlende Motorbremse bergab beim Trialwandern. Berühmte Marken sind u.a. Gas Gas, Beta, Sherco, Scorpa, Jotagas, Vertigo und TRS.
Elektro-Antrieb
Der Elektro-Antrieb hat gegenüber Verbrennungsmotoren mehrere Vorteile: keine Emissionen (weder Gestank noch Lärm, dadurch überall nutzbar), kein Auspuff und damit keine Verbrennungsgefahr, konstant starkes Drehmoment, wesentlich einfachere und damit praktisch verschleißfreie Motor-Technik sowie niedrigeres Gewicht. Laufzeiten in der Praxis sind jetzt schon identisch zu den bei Verbrennern üblichen Nachtankintervallen. Lediglich der erhöhte Energiebedarf beim Trialwandern schränkt hier die Nutzung noch ein. Das fehlende Getriebe mit Kupplung ist für Anfänger ein Vorteil, für Fortgeschrittene ein Nachteil (verschiedene Fahrtechniken lassen sich ohne Kupplung nicht bzw. nur eingeschränkt anwenden). Dazu gibt es aber vereinzelt schon Lösungen, die die Vorteile von Elektro-Motor und Getriebe vereinen. Probefahrten können gerne bei uns im Verein vereinbart werden).
Typische Vertreter sind z.B. die Gas Gas TXT4822 (63 kg), Electric Motion EMSport (73 kg) und E-Bikes wie die OSET 24.0 mit 49 kg (für Jugendliche und Erwachsene bis 90 kg), OSET 20.0 mit 46 kg (für Kinder ab 8 Jahren, bis 46 kg), OSET 16.0 mit 30 kg (für Kinder von 5 bis 7 Jahren, bis 37 kg) und die OSET 12.5 mit 21 kg (für Kinder von 2 bis 5 Jahren, bis 28 kg).
Klassik-Trial / Oldtimer
In der Anfangszeit des Trialsports (ca. 1910) wurden normale Motrorräder von (überwiegend privaten) Enthusiasten für ihr Hobby geländetauglich umgebaut. Später begannen einige Hersteller spezielle Maschinen für diese Sportart herzustellen. Historische Maschinen aus vergangenen Jahrzehnten stehen bei Liebhabern hoch im Kurs und sind oft Projekte umfangreicher Restaurationen. Bauartbedingt sind damit verschiedene „moderne“ Fahrtechniken nicht (oder nur stark eingeschränkt) möglich, deshalb fahren solche „Oldtimer“ bei Wettbewerben in eigenen Wertungsklassen.
Außerdem geht es dabei nicht wie bei modernen Trial-Motorrädern darum, sich in möglichst riskanten Manövern zu messen, sondern eher um sich mit Gleichgesinnten am guten Pflege- und Erhaltungszustand der Old- und Youngtimer zu erfreuen. Verständlich, dass man unnötigen Verschleiß vermeidet, handelt es sich doch oft um liebevoll instandgesetzte unwiederbringliche Einzelstücke.
Da das Ausbalancieren eines Motorrades im Gelände wesentlich von dessen Gewicht abhängt, hat man zur Wahrung der Chancengleichheit die Klassik-Trialer in verschiedene Klassen unterteilt:
- Rigid (Starrahmen) frühe Baujahre
- Pre Unit (Motor und Getriebe getrennt, 50er Jahre)
- Unit (Motor und Getriebe vereint, 60er Jahre)
- TwinShock (zwei Stoßdämpfer, luftgekühlt, keine Scheibenbremsen, ab Baujahr 1966)
- LuMo (luftgekühlt, Monoshock = ein Zentralfederbein)
Kleine Motorrad-Trial Regelkunde
Bei Motorrad-Trial Wettbewerben werden mindestens 24 „Sektionen“ (Hindernis-Parcours) gefahren, deren einzelne Länge maximal 60 Meter lang sein soll. Je nach Anzahl der unterschiedlichen verfügbaren Sektionen am Austragungsort der Veranstaltung sind das entsprechend häufige Wiederholungen (Runden), z.B. 2 Runden à 15 Sektionen oder 3 Runden à 12 Sektionen oder 4 Runden à 7 Sektionen. Null Strafpunkte, also die fehlerfreie Bewältigung, ist das Ziel in jeder Sektion. Die Punktrichter zählen jede Bodenberührung des Körpers (Fuß absetzen, mit dem Körper irgendwo anlehnen, etc.) als einen Strafpunkt. Es werden aber maximal drei Strafpunkte gezählt (also auch bei komplettem „Durchfußeln“ im Sitzen gibt es nur drei Strafpunkte). Fünf Strafpunkte (= „Scheitern in der Sektion“) gibt es u.a. bei „Motor aus + Stillstand + Fuß am Boden“, wenn das Motorrad zurück rollt, ein falsches Tor durchfahren wird, der Fahrer stürzt oder fremde Hilfe in Anspruch nimmt. Zusätzliche Strafpunkte können u.a. vergeben werden wenn die Fahrzeit nicht eingehalten wird und/oder der Fahrer (und/oder dessen Betreuer) sich nicht an die Regeln hält. Fehlt eine Sektionswertung auf der Rundenkarte (vergessen oder bewusst ausgelassen), wird diese Sektion mit 20 Strafpunkten gewertet. Gewertet werden verschiedene Schwierigkeitsklassen (von Klasse 6 „Neulinge“ bis Klasse 1 „Elite“), die durch unterschiedliche Spurführung (mit farbigen Pfeilen markiert) und an der Farbe der Startnummerntafeln der Fahrer erkennbar sind:
Schwierigkeitsgrad: Stufen bis 2m, auf dem Hinterrad springen unumgänglich, beim Einparken darf keine Zeit für Korrekturhüpfer verschwendet werden, höher, steiler, enger als K2
Schwierigkeitsgrad: Stufen bis 1,5m, Anspringen und Einparken unumgänglich, höher, steiler, enger als K3
Schwierigkeitsgrad: Steinstufen über einen Meter, Abstände der Hindernisse deutlich kürzer als bei K4, Versetzen wird unabdinglich, Anspringen sehr vorteilhaft (aber noch nicht zwingend wie bei K2)
Schwierigkeitsgrad: höhere Hindernisse (bis ca. 1m) und kürzere Abstände, steilere Auf- und Abfahrten und deutlich engere Kurven als bei K5, Vorderrad-Lupfen wird unabdinglich, Versetzen sehr vorteilhaft (aber noch nicht zwingend wie bei K3)
Schwierigkeitsgrad: Hälfte schwarze Spur K5, Hälfte grüne Spur K4, ein grüner Pfeil am A-Zeichen (Anfang) zeigt am Eingang der Sektion, dass hier die grüne Spur gefahren und gewertet wird, ansonsten die Schwarze
Schwierigkeitsgrad: Geübte und erfahrenere Neulinge, Hindernisse bis ca. 50 cm, engere Kehren / Kurven, steilere Auf- und Abfahrten als bei K6
Schwierigkeitsgrad: kaum Hindernisse (max. 20 cm), großzügige Kehren / Kurven, ungefährliche Auf- und Abfahrten
Schwierigkeitsgrad: Kleinkinder können die Sektionen bei freier Spurwahl von Anfang bis Ende gefahrlos und hindernisfrei durchfahren
Darüber hinaus gibt es noch unterschiedliche Wertungsklassen für Kinder, Jugendliche, Erwachsene, Frauen, sowie Klassik-, Seitenwagen- und Automatik-Motorräder, im Wesentlichen orientieren diese sich aber an den bereits beschriebenen Klassen. Grundsätzlich gilt, dass die einfachste Spur so gesteckt sein muss, dass sie mit einem Mofa durchfahren werden kann. Damit ist gewährleistet, dass Einsteiger und Kinder ab 6 Jahren gefahrlos an Wettbewerben teilnehmen können. Nicht-Lizenzpflichtige Wettbewerbe und manche „Clubtrials“ beschränken sich oft auf die unteren Klassen für den Breitensport.
Siehe auch Wettbewerb Saison Erfahrungsbericht · Clubtrials, Alpenpokal, Bayerische Meisterschaft
Trial-Fahrtechnik
Zur Erlernung der richtigen Fahrtechniken zum Überwinden verschiedener Hindernisse ist viel Übung erforderlich. Entsprechendes Training für alle Altersklassen bieten wir in unserer Trial-Sportanlage an (unser jüngstes Mitglied ist 5 und unser Ältestes ist 70 Jahre alt). Neben regelmäßigem Training mit erfahrenen Trainern ist es gerade für Anfänger sehr hilfreich, sich die Fahrtechnik von Könnern „abzuschauen“, zu analysieren und versuchen nachzuahmen. Videoaufnahmen in HD und Zeitlupe sind heute mit jedem zeitgemäßen Mobiltelefon („Smartphone“) möglich. Auch wenn man alleine trainiert ist ein kleines Stativ kein großes Extragepäck. Die Analyse der Bewegungsabläufe der Könner offenbart im Vergleich zu den eigenen Aufnahmen sehr deutlich das Verbesserungspotential der eigenen Fahrkünste 😉Siehe auch Erfahrungsbericht Stufentraining · Fortschritte eines Anfängers
Motorrad-Trial Bewegungsablauf Studien in Zeitlupe
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